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Eine illustre Gästeschar diskutierte an der Mittagstafel am Mittwoch, 15. Dezember 2021 mit dem Leiter von Spitex Basel, Stefan Schütz, über die grössten Herausforderungen in der häuslichen Pflege und neue Ideen für die Betreuung daheim. Für einmal wieder in einer Mentoring 50+ Online-Session, mit Gesprächen im Plenum und Diskussionen in Kleingruppen.
Ein bemerkenswerter Mix an logistischen, unternehmerischen und an fürsorgerischen Kompetenzen hat an der Adventsmittagstafel 2021 zusammengefunden. Vertreten waren ehemalige Verwaltungsrätinnen und Geschäftsführer von Spitex-Organisationen, Pflegfachfrauen und Sozialpädagoginnen, Logistik- und Finanzexperten, genauso wie Mitarbeiter von Pharmaunternehmen, Qualitätsmanager und Expertinnen für nachhaltige Entwicklung. Alle nicht zuletzt auch mit persönlichen Erfahrungen als Begleiter oder Betreuerinnen im Familien- und Freundeskreise oder auch schon mal als Pflegebedürftige. Entsprechend hoch ging es zuweilen her, so emotional wie fachkompetent!
Gemeinsam wurde rasch der Einsatz der knappen personellen Ressourcen im Betriebsalltag und die langfristige Rekrutierung von Fachkräften als zentrale Herausforderungen für die häusliche Pflege identifiziert. Dass all das in Zeiten von Covid 19 nicht gerade einfacher wird, versteht sich fast von selbst. «Stellen Sie sich vor, um 6:30 Uhr liegt die Planung vor und um 6:45 Uhr stellen sie fest, dass fünf Mitarbeitende ausfallen, covidbedingt. Wenn schon nur eine Person ausfällt, müssen kurzfristig je nach Tour 10-15 Kundinnen und Kunden neu zugeteilt werden», so Stefan Schütz. Spitex Basel kann als eigentlicher Logistikbetrieb bezeichnet werden: «Wir werden bis zum Ende dieses Jahrs bis zu 600'000 Einsätze in Basel erbracht haben. Und wir wissen jetzt schon, dass wir in absehbarer Zeit immer zu wenig Fachkräfte zur Verfügung haben werden. Da gilt es die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Planung zu nutzen, um diese Fachkräfte so wirkungsvoll wie möglich einzusetzen.»
Im Sandwich zwischen Kostendruck, teilweise ausufernder Dokumentationspflichten und menschlicher Zuwendung ist Zeit ein kostbares Gut. Vorteile der pflegerischen und hauswirtschaftlichen Betreuung zu Hause gegenüber der Pflege im Krankenhaus oder im Heim sieht Stefan Schütz gerade darin, dass Mitarbeitende der Spitex, sind sie einmal im Haushalt angekommen, ungestört von anderen klingelnden Patienten oder um Unterstützung bittende Kolleginnen in Ruhe arbeiten können und ihnen so auch mehr Zeit zur Verfügung steht. Die Anforderungen an die Pflegerinnen und Pfleger, die allein unterwegs sind, bleiben dennoch hoch, das ist klar. «Die Fähigkeit vor Ort zu improvisieren, ist eine Grundvoraussetzung, um bei uns arbeiten zu können», betont der Leiter von Spitex Basel. Es müssen rasch Lösungen gefunden werden, ohne zu lange zu überlegen.
Die selbstständige Arbeitsweise des Personals vor Ort der Spitex-Organisationen scheint wie geschaffen für neue Formen des Arbeitens. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Buurtzorg, ein Modell aus Holland, das auf Teams setzt, die sich selbst organisieren. Dieser New Work-Ansatz liegt im Trend. Er wird auch in der Schweiz diskutiert, erprobt und erforscht, unter anderem von einem Team der FHNW. Spitex Basel befindet sich ebenfalls in einem Entwicklungsprozess. Dabei werden vorerst in einzelnen Arbeitspaketen Aufgaben und Verantwortlichkeiten «nach vorne» delegiert und so die Mitarbeitenden stärker in die Verantwortung gezogen. Die Transformationskosten für einen raschen Umbau der gesamten Organisation wären jetzt allerdings zu hoch, ist Stefan Schütz überzeugt: «Der Kulturwandel braucht Zeit. Personal, das in hierarchischen Strukturen sozialisiert wurde, finden sich nicht von heute auf morgen in neuen Management-Strukturen zurecht. Wir setzen daher auf einen Entwicklungsprozess.»
«Wie stellen wir Wissensstand und Arbeitsqualität sicher, ist eines unserer grosses Themen», da macht die Spitex Basel laut Stefan Schütz viel: «Wir bieten ein umfassendes, in der Region vielleicht das grösste Spitex-Weiter– und Fortbildungsprogramm an». Spitex Basel hat in der Berufsbildung auch Nachholbildungen im Angebot: Der Abschluss Fachangestellte Gesundheit oder die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachperson kann auch als Nachholbildung erzielt werden. Wir suchen immer auch Quereinsteiger und -einsteigerinnen für diesen zugegebenermassen anstrengenden Job.» Im Hinblick darauf unsere Fachkräfte langfristig zu sichern, ist es ein wichtiges Anliegen, dass Mitarbeitende ihre Berufskarriere gesund abschliessen können. «Da hat die Branche insgesamt bisher noch zu wenig gemacht», gibt der Leiter Spitex Basel selbstkritisch zu bedenken.
Im Bereich der Hauswirtschaft und Betreuung werden Interessierte über Anlehren befähigt. Die Einsätze in diesem Bereich können bei Spitex Basel von einer bis ca. acht Stunden pro Tag dauern: «Benötigt, z.B. eine an Demenz erkrankte Person längere Unterstützung, dann arbeiten wir mit anderen Organisationen zusammen.» Auf jeden Fall ist der Lehrgang Pflegehelfer des Roten Kreuzes ein sehr guter Einstieg, um sich in der Langzeitbetreuung und Begleitung zu qualifizieren, auch für Angehörige, die sich um ihre Liebsten gerne selbst kümmern wollen.
Ob als Pflegende, als Betreuer und Begleiterinnen im Familien- und Freundeskreis oder als selbst Pflegbedürftige, in der kontroversen, lebendigen Schlussrunde wurde eines sehr rasch klar: Bei der Entwicklung von Zukunftsbildern wird neuen Formen von Netzwerken für die häusliche Pflege und Betreuung eine wichtige Rolle zukommen, um den Verbleib zu Hause so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Sei es in generationsübergreifenden Wohnmodellen, wo auch gegenseitige Nachbarschaftshilfe geleistet werden kann, oder bei Vertragsabschlüssen von Spitex-Organisationen mit Angehörigen, deren Leistungen so auch anerkannt und tariflich abgegolten werden können.
Nicht nur die Sorge um andere auch für sich selbst Sorge tragen ist wichtig! Gerade nach einer Online-Session bewirken Dehnungsübungen für die strapazierte Nacken- und Schultermuskulatur zusammen mit Selbstmassagetechniken, um ein tiefenentspanntes Gähnen auszulösen, wahre Wunder. An der Mittagstafel vorgeführt von Gabriel Thürkauf.
Kurse und Möglichkeiten, um sich als Betreuerin oder Betreuer weiterzuentwickeln, gibt es unter anderem hier:
Lehrgang Pfleghelfer des Roten Kreuzes
Begleitdienst von Voluntas
Mein Ohr für Dich
Die Mittagstafel bietet Mentoren, Mentorinnen und Mentees die Gelegenheit, sich auszutauschen und die Neuigkeiten vom Mentoring Programm aus erster Hand zu erfahren. Sie ist Begegnungsplattform und Weiterbildung in einem. Zur Mittagstafel werden Impuls-Geber und Experten eingeladen, die zu einem bestimmten Thema oder einer Fragestellung ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben.