Die Ausbildung zur Werklehrerin führte mich ans Theater, wo ich freiberuflich als Bühnen- und Kostümbildnerin an verschiedenen Häusern im deutschsprachigen Raum tätig war. Nach der Geburt meiner Tochter wurde ich im Theater Basel sesshaft und leitete dort den Kostümfundus.
Nach 33 Jahren und einem traurigen Ereignis kündigte ich – ohne zu wissen, wie es weitergeht. Beruflich steckte ich in einer Sackgasse. Die Vorstellung, vielleicht noch in einem Modegeschäft zu arbeiten, war für mich keine Option – „fast Fashion“ ist mir ein Gräuel. Wenn ich schon im untersten Lohnsegment lande, dann wollte ich lieber etwas Neues beginnen – etwas, das mir Freude macht und dem ich mich hingeben kann.
Ich hatte noch rund acht Arbeitsjahre bis zur Pension – viel zu lang, um in einem Job auszuharren, der mir nichts bedeutet.
Mit 58 begann ich auf dem zweiten Bildungsweg die Ausbildung zur Floristin – trotz aller Bedenken. Die Arbeitsvermittlerin meinte: „Zu alt für eine Umschulung.“ Die Floristen rümpften die Nase: „Ein Handwerk lernt man nicht in einem Jahr.“ Die Hausärztin warnte: „Die körperlichen Belastungen sind enorm.“
An all dem ist etwas Wahres dran – und trotzdem bin ich heute unglaublich froh, dass ich diesen Weg gegangen bin.
Ich hörte auf meine innere Stimme – und auf Menschen, die mich gut kennen: „Das ist genau das Richtige für dich!“
Und das ist es!
Dank der Vermittlung vom RAV traf ich auf die tolle Unterstützung von Mentoring 50+. Gemeinsam schrieben wir meinen ersten Lebenslauf, entdeckten Qualitäten, die mich von Jüngeren unterscheiden, und formulierten Träume – wie mein Ziel, einmal an der Ausstellung „Blumen für die Kunst“ in Aarau teilzunehmen. Schon allein dieser Gedanke liess mich aufblühen.
Vielleicht erreiche ich dieses Ziel gar nicht mehr. Aber das macht nichts – der Weg ist das Ziel. Ich freue mich über alles, was ich schon gelernt habe, dass ich immer Arbeit gefunden habe und langsam Fuss fasse.
Es war nicht immer einfach, und Zweifel kamen auf. Im alten Berufsleben war ich anerkannt. Jetzt bin ich die Anfängerin, die Langsamste, der man kritisch über die Schulter schaut. Ich gebe alles und stecke viel ein. Das erfordert Demut – aber hey:
Ich habe eine Arbeit, die mich erfüllt. In meinem Alter!
Ich kann inzwischen davon leben – auch wenn es nicht viel ist – und bin mega stolz darauf. Bei fast jedem Bewerbungsgespräch konnte ich überzeugen – vielleicht einfach, weil ich überzeugt bin.
Das gibt mir Zuversicht, bis zur Pension – und darüber hinaus – Arbeit zu haben.
Live what you love. Glaube an dich und deine Fähigkeiten.