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Seit dem 5. Dezember ist unsere Ausstellung in den Gemeinden Winznau und Niedergösgen im Kanton Solothurn zu erleben. Alle acht Silhouetten sind an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum beider Gemeinden platziert. Das Label iPunkt freut sich, nach dem erfolgreichen Kick-off in Solothurn im Dezember 2023 nun mit der Silhouettenausstellung in weiteren Gemeinden des Kantons präsent zu sein.
Eigentlich lasse ich Vorurteile gar nicht an mich heran. Aber seitdem ich – nach der Operation des Hirntumors vor einigen Jahren – mein Vollzeitpensum auf ein 20%-Pensum reduziert habe, stosse ich immer wieder auf Unverständnis. Da heisst es: „Wenn du nur 20% arbeitest, hast du doch 80% frei und könntest in dieser Zeit dieses oder jenes tun.“ Nie hätte ich mir vorstellen können, dass es so unglaublich schwierig ist, Menschen verständlich zu machen, dass mir auch nur 20% Energie zur Verfügung stehen, um einen Tag zu bewältigen.
Fakt ist, dass ich alle meine Tätigkeiten – angefangen bei Haushaltmachen, Kind erziehen bis zum Zähneputzen – nur mit 20% Energie machen kann. Ich habe überhaupt gar keine Zeit. Und schon gar nicht 80% Freizeit. Besonders ist für mich daran, dass ich vor ein paar Jahren vermutlich genauso gedacht habe. Bis der Tumor aus meinem Kopf entfernt wurde, war fast alles anders.
«Ich lebe jetzt auf einem völlig anderen Stern als davor.»
Für unsichtbare Behinderungen ist Kommunikation ganz wesentlich. Sich verständlich machen. Viele Menschen können das Ausmass an Müdigkeit und Erschöpfung nicht einschätzen. Tut sie etwa nur so? Nachgefragt wird selten. Eigentlich glaube ich, dass das Thema Handicap generell tabuisiert wird. Genau das macht aber das Leben und die Teilhabe für Behinderte äusserst schwierig. Deshalb braucht es eine gute Balance zwischen dem rationalen und dem kreativen Umgang mit Behinderung.
«Wie sich meine Zukunft gestalten wird, zeigt die Zeit. Arbeiten gehen gehört auf jeden Fall dazu.»
Menschen, die mich motiviert und provoziert haben, sind bis heute an meiner Seite. Heute bin ich derjenige, der andere motiviert und provoziert. Denn für mich gibt es nichts, wofür ich mich nicht interessiere. Falls doch, interessiere ich mich dafür, warum ich mich nicht dafür interessiere.
Das Leben ist so vielfältig, man darf einfach nicht wegschauen. Und ich lerne mit und von Menschen. Seit Jahren arbeite ich als Coach und Fachmann für die (Wieder-)Eingliederung von Menschen in die Berufswelt. Viele davon kennen einen ähnlichen Weg wie meinen. Bis zum Unfall war ich ein Mensch, der mit seinen Top-Ressourcen – vor allem im Sport – den Weg des geringsten Widerstands gegangen ist.
Ich habe erfolgreich in der Handball Nationalliga A gespielt. Heute engagiere ich mich im Behindertenbereich. Das hat mir über die Jahre eine grosse geistige Entwicklung ermöglicht, eine Form von innerer Sicherheit, die ich als Fussgänger auf zwei Beinen sicherlich nie erfahren hätte.
Verlust und Gewinn haben sich schon lange ausgeglichen.
Meine Lehrstellensuche als Konstrukteur war schwierig. Ich habe viele Bewerbungen geschrieben und viele Absagen erhalten. Die IV wollte, dass ich mir eine einfachere Lehrstelle suche. Ich habe mein Ziel weiterverfolgt, allein gesucht und nach einiger Zeit eine Ausbildung als Konstrukteur gefunden. In diesem Beruf arbeite ich immer noch.
«Ich wünsche mir, dass Menschen mir eine Chance geben, mich als Mensch kennenzulernen.»
Wenn ich alleine bin, werde ich erst einmal als Mensch wahrgenommen. Erst wenn ich angesprochen werde, sind Hörende überrumpelt und nervös und die Konversation ist gleich vorbei.
Ich denke, es gibt verschiedene Gründe für ihr Verhalten: Entweder sie wissen nicht, wie man mit mir sprechen soll, sind überfordert und haben Angst vor Ungewohntem. Oder sie wollen generell nichts falsch machen, sind bequem und wollen sich keine Mühe geben. Dann suchen sie sich den einfacheren Weg und beginnen ein Gespräch mit einer Person, die vielleicht neben mir steht und hörend ist.
«Hast du Arbeit?»
Mein Vater war schon in meiner Jugend mein Ideal. In allen Psychosen habe ich Bezug auf ihn genommen, ihn fast schon als göttliche Instanz überhöht. Vor ein paar Jahren ist er gestorben und viele Gedanken haben sich etwas entspannt. Ich setze mich nun nicht immer in Vergleich zu ihm als Vorbild. Gleichgültigkeit verbinde ich mit meinem Vater – Gleichgültigkeit ärgert mich auch heute.
Ich will, dass man Menschen nicht gleichgültig gegenüber ist, schon gar nicht mit einer psychischen Erkrankung. Ich will, dass man das Unsichtbare sichtbar macht und dass das Thema ein Gesicht bekommt.
Zur Zeit suche ich Arbeit. Von meiner beruflichen Tätigkeit kann ich nicht leben. Das will ich ändern. Meine Behinderung erwähne ich in einer Bewerbung nicht. Sie ist ja unsichtbar und ich kann sie gut verstecken. Wenn ich eine Stelle nicht bekomme, dann ist es wohl nicht der richtige Betrieb für mich. Schliesslich muss man mit meiner Person als Ganzes umgehen können.
«Für Menschen, die es nicht kennen, ist es schwer vorstellbar: Aber von den Krisen habe ich erheblich profitiert. Ich bin mir sicher, dass ich stabiler bin als manch anderer».
Behinderung ist in der Gesellschaft nach wie vor ein Tabu. Eigentlich betrifft es jeden Einzelnen. Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, was Behinderung bedeutet – und nicht nur die, die direkt davon betroffen sind. Über sich selbst zu reflektieren, macht einem das eigentliche Tabu bewusst: Schwächen zu zeigen und zu offenbaren. Dies zu verändern, fängt bei jedem selbst an.
Vor allem entdecke ich durch meine Offenheit und Begeisterung Tag für Tag die Einzigartigkeit des Menschen: Ich arbeite als klassischer Masseur und Fussreflex-Therapeut, was mich mit grosser Freude erfüllt.
Mir ist bewusst, dass mir manch einer nicht zutraut, was ich kann. Denn meine Einschränkung kann man hören, wenn ich spreche. Man kann sie sehen, wenn ich laufe. Meine Behinderung behindert mich selbst mehr, wenn ich in der Zukunft lebe, über meine Arbeit und meine Ausbildung nachdenke. Deshalb bemühe ich mich, in der Gegenwart zu leben – so verringert sich mein Gefühl vom Behindertsein und vom Behindertwerden.
Auch wenn viele nur auf die Defizite schauen und mich unterschätzen: Ich arbeite seit über 15 Jahren selbstständig in meinem Beruf als Masseur und besuche fortlaufend Aus- und Weiterbildungen. Ungerechtigkeit und Rücksichtslosigkeit mir gegenüber, aber auch gegenüber anderen, die in der Gesellschaft als schwächer angeschaut werden, ärgern mich ungemein.
«Jeder Mensch hat Stärken. Sie müssen von Fall zu Fall so eingesetzt werden, dass alle Beteiligten davon profitieren können.»
Mehr zu meiner Arbeit:
www.massage-basel.ch
Jeder Mensch hat etwas, das er oder sie nicht besonders gut kann. Jeder hat eine Einschränkung auf seine oder ihre Weise. Bei mir ist es eben der linke Arm. Warum soll ich deshalb gleich alles weniger gut können als andere?
«Ich will meine Behinderung nicht verstecken.»
Menschen mit Behinderung können genauso gut arbeiten wie jemand, der nichts hat. Es kommt immer auf die Arbeit, auf die Aufgabe, auf das Umfeld an. Menschen mit Behinderung brauchen vor allem eine Chance, sagen zu können: Ich kann das. – Ich mache das. – Ich will das.
Diese Chance zu kriegen, war für mich sehr schwierig. Das hat sich bei der Lehrstellensuche gezeigt. Aber ich habe sie nach einigen Anläufen bekommen. Ich konnte bei der Burgfelder-Apotheke in Basel schnuppern und zeigen, dass ich den Anforderungen gerecht werde und – mindestens ebenso wichtig – dass ich das will.
Nun mache ich dort eine Ausbildung als Pharma-Assistentin.
«Meine Arbeit mag ich sehr gerne.»
Einen Ausbildungsplatz bekommen zu haben, macht mich immer noch glücklich. Ich wünsche mir, dass ich auch weiterhin im Leben Chancen erhalte von Menschen, die an mich glauben.
Jeder Mensch hat etwas, das er oder sie besonders gut kann – Stärken und Schwächen. Ich will möglichst viele Arbeitgeber und Mitmenschen darauf aufmerksam machen, dass sie jemandem mit einem Handicap eine Chance geben. Ich werde zum Beispiel sehr oft für meine Freundlichkeit, mein Sozialverhalten und die überdurchschnittliche Teamfähigkeit gelobt – bestimmt mehr als so manch andere mit zwei starken Armen.
«Ich bin sehr dankbar für die Menschen, die an mich glauben.
«Bitte deutlich sprechen!»
Auf Hörhilfen bin ich angewiesen. Ich bin hochgradig schwerhörig und trage je ein Hörgerät und ein Cochlea-Implantat (CI).
Gerade für den Arbeitsalltag sind die Hörhilfen unabdingbar und ich darf zum Beispiel keinesfalls vergessen, Ersatzbatterien bereit zu haben. Ununterbrochen alles zu verstehen und mitzubekommen, braucht enorm viel Energie und macht mich müde.
Ich arbeite als Projektleiter Haustechnik. Bei der Berufswahl hatte ich wirklich Glück. Die Suche nach Ausbildungsplätzen für den Wunschberuf Sanitärinstallateur sowie für die Zusatzausbildung zum Haustechnikplaner Sanitär verlief problemlos. Dank erfolgreichen Schnupperlehren haben die Arbeitgeber erkannt, dass die Kommunikation gut funktionieren kann.
«Je weniger man hört, umso schwieriger ist es»
Als Schwerhöriger hatte ich immer mal wieder das Gefühl, dass ich mehr leisten muss, um überhaupt dabei zu sein.
Es gibt so viele Vorurteile gegenüber Menschen mit einer Hörbehinderung: Der hört nichts, also hat er nichts im Kopf. Meist liegt der Grund dafür aber im Umstand, dass das Gegenüber etwas nicht mitbekommen hat und nicht darin, dass die Person weniger intelligent ist.
Eigentlich sollte man gar nicht darüber reden müssen, aber es ist mir wirklich ein Anliegen: Schwerhörige und Gehörlose können genauso intelligent sein wie andere Menschen auch. Sie können zweifelsohne auch gut qualifizierte, sogar sehr gute Arbeitskräfte sein. Für die Herausforderungen, die die Kommunikation mit sich bringt, können Lösungen gefunden werden. Einige kompensieren die eingeschränkten Hörsinne auch mit guten visuellen Fähigkeiten.
«Wir können so vieles – nur eben weniger gut kommunizieren.»